6. Wohung/Eigenheim

6.1. Während dem Getrenntleben

Die Parteien können sich mittels aussergerichtlicher Übereinkunft über die Zuteilung der ehelichen Wohnung und Aufteilung des Hausrates während des Getrenntlebens einigen. Besteht keine Einigung, so entscheidet das Eheschutzgericht.

6.2 Während dem Scheidungsverfahren bei Nichteinigung

Besteht betreffend Überlassung der Wohnung an einen Elternteil keine Einigung und hat nicht bereits das Eheschutzgericht eine Anordnung getroffen, so muss das Scheidungsgericht im Rahmen vorsorglicher Massnahmen darüber entscheiden und einem Ehegatten die Wohnung bzw. das Haus vorläufig, d.h. für die Dauer des Scheidungsverfahrens, zuweisen. Beide Parteien können die Zuteilung an sich beantragen. Das Scheidungsgericht entscheidet nach Zweckmässigkeitsgründen. Sind Kinder vorhanden, wird die Wohnung regelmässig demjenigen Ehegatten zugewiesen, der das Obhutsrecht über die Kinder ausübt. Der Streit um die Wohnung ist meistens auch ein Streit um das Obhutsrecht. Das Gericht wird dem Ehegatten, der ausziehen muss, eine angemessene Auszugsfrist setzen.

6.3 Nach dem Scheidungsverfahren

6.3.1 Zuweisung der Mietwohnung und Übertragung des Mietverhältnisses

Zuweisung der Mietwohnung:
Meist einigen sich die Eheleute in der Scheidungskonvention, wer in der ehemals ehelichen Wohnung verbleiben darf. Bei Uneinigkeit unter den Eheleuten, weist das Gericht demjenigen die ehemals eheliche Wohnung zu, welcher aus wichtigem Grund auf die Zuweisung angewiesen ist. Wichtiger Grund kann sein:

  • Sorgerecht über Kinder (Erhalt der bisherigen Wohnumstände)
  • Berufsausübung (z.B. bei einer Arztpraxis)
  • besondere Einrichtung (bei Invalidität des Ehegatten)
  • Nur gegen Entgelt
  • angemessene Entschädigung oder
  • Anrechnung an den Unterhaltsbeitrag (ZGB 121 III)
  • Befristung des Wohnrechts
  • vorzeitige Aufhebung bei Wegfall des wichtigen Grundes

Mietvertragsübertragung durch Gestaltungsurteil:
Abmachung zwischen den Parteien, dass ein Ehegatte die eheliche Wohnung mit allen Rechten und Pflichten übernimmt, ist für den Vermieter grundsätzlich nicht verbindlich. Das Gesetz sieht daher vor, dass das Gericht im Scheidungsurteil das Mietverhältnis mit allen Rechten und Pflichten aus dem Mietvertrag auf einen Ehegatten übertragen kann (Gestaltungswirkung). Die Übertragung auf einen Ehegatten erfolgt unabhängig von der Parteirolle im Mietvertrag (Alleinmieter oder gemeinsame Mieter). Sie bedarf keiner Zustimmung des Vermieters.

Zeitlich beschränkte solidarische (Mit-)Haftung des aus dem Mietverhältnis Austretenden:
Der aus dem Mietverhältnis austretende Ehegatte haftet solidarisch für den Mietzins bis zum nächstmöglichen gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungstermin; maximal aber 2 Jahre (ZGB 121 II). Muss der ausziehende Ehegatte aufgrund der Solidarhaftung Mietzinsen bezahlen, kann er diese mit den Unterhaltsbeiträgen verrechnen.

6.3.2 Eigenheim

Steht das Eigenheim im Alleineigentum eines Ehegatten, kann das Gericht an den Eigentumsverhältnissen nichts ändern. Eine gerichtliche Übertragung des Eigentums auf den anderen Ehegatten ist ausgeschlossen. Der Nichteigentümer-Ehegatte, der im Haus bzw. in der Wohnung verbleiben möchte, kann jedoch die gerichtliche Einräumung eines Wohnrechts verlangen (ZGB 121 III, ZGB 776). Die Voraussetzungen hierzu sind:

Angewiesenheit des Ehegatten aus wichtigem Grund
Wichtiger Grund kann sein:

  • Sorgerecht über Kinder (Erhalt der bisherigen Wohnumstände)
  • Berufsausübung (z.B. bei einer Arztpraxis)
  • besondere Einrichtung (bei Invalidität des Ehegatten)

7. Kinderbelange

a. Allgemeines:

In Kinderbelangen gilt die Offizial- und Untersuchungsmaxime, d.h. dass das Gericht von Amtes wegen abklären muss, welche Lösung für die Kinder am besten ist, d.h. dem Kindswohl entspricht und hat den entsprechenden Sachverhalt von Amtes wegen zu erforschen. Das Gericht ist nicht an die Parteianträge gebunden. Sämtliche Vereinbarungen der Eltern über die Kinder müssen vom Gericht genehmigt werden. Das Kind wird im Scheidungsverfahren durch das Gericht oder durch eine geeignete Drittperson (Psychologe) angehört, wobei dies i.d.R. nicht im Gerichtssaal, sondern in speziellen Räumlichkeiten geschieht (ZGB 144 Abs. 2) und in der Regel nur bei Kindern ab ca. 12 Jahren. Bei Vorliegen wichtiger Gründe ordnet das Gericht die Vertretung des Kindes im Verfahren durch einen Beistand an (ZGB 146). Das Gericht hat sich dabei stets nach dem Kindswohl zu richten.

b. Sorgerecht:

Die gemeinsame elterliche Sorge als Regelfall: Das Gericht teilt die elterliche Sorge – nach Prüfung der Voraussetzungen – grundsätzlich beiden Eltern zu. Diese neue Regelung gilt seit 01.07.2014, vorher hat das Gericht die elterliche Sorge nur einem Elternteil zugeteilt und die gemeinsame Sorge war nur auf Antrag beider Elternteile möglich. Heute wird die alleinige elterliche Sorge nur zugeteilt, falls dies zur Wahrung des Kindeswohls Wohl notwendig ist.

Merkblatt zur gemeinsamen elterlichen Sorge: http://www.stadtluzern.ch/dl.php/de/568d14cbdf614/Merkblatt_Gemeinsame_elterliche_Sorge_2016.pdf

c. Besuchsrecht: 

Grundsätzlich ist der Anspruch auf persönlichen Verkehr (Besuchsrecht) ein gegenseitiges Recht des nicht sorgeberechtigten Elternteils und des Kindes (ZGB 273 I). Dessen Regelung muss grundsätzlich den Beteiligten überlassen werden. Die Merkmale des Besuchsrechts sind:

  • Besuchsrecht steht dem Elternteil ohne Sorgerecht zu
  • dient der Pflege des elterlichen Kontakts und dem Aufbau persönlicher Beziehungen
  • Kindeswohl zentral; Eigeninteresse der Eltern zurücktretend

Im Konfliktfall kann die Kindesschutzbehörde die Eltern ermahnen und ihnen Weisungen erteilen, wenn sie sich nicht an die Regelungen halten. Die Eltern haben alles zu unterlassen, was die Beziehung zum anderen Elternteil erschwert. Bei Gefährdung des Kindeswohls kann das Recht auf persönlichen Verkehr verweigert oder entzogen werden (ZGB 274).
Eine Abänderung des Scheidungsurteils in Bezug auf die Kinderbelange wegen wesentlicher Veränderung der Verhältnisse kann durch das Gericht (ZGB 134) oder durch die Kindesschutzbehörde erfolgen (ZGB 315b II).

Praxishinweis: In der Regel wird – je nach Alter des Kindes – ein Besuchsrecht von 2 Wochenenden pro Monat mit einem Ferienrecht von 2-3 Wochen pro Jahr gewährt. Die Feiertage sind abwechslungsweise beim einen oder anderen Elternteil zu verbringen.

d. Kinder-Unterhalt

Derjenige Elternteil, dem das Sorgerecht nicht zugesprochen wird, hat in der Regel Unterhaltsbeiträge für die unmündigen Kinder zu zahlen. Der Kinderunterhalt geht dem nachehelichen Ehegatten-Unterhalt vor. Die Festsetzung des Kinderunterhaltsbeitrags richtet sich nach den Bestimmungen des Kindesrechts gemäss ZGB 276. Der Unterhalt ist grundsätzlich bis zur Mündigkeit des Kindes geschuldet und darüber hinaus bis zum Abschluss einer angemessenen Erstausbildung. Bei der Bemessung des Unterhaltsbeitrags ist neben den Bedürfnissen des Kindes die Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern zu berücksichtigen (ZGB 285 I).

Zur Berechnung und Bemessung im Kanton Luzern: https://gerichte.lu.ch/rechtsgebiete/ehe_und_familie/scheidung/unterhalt/regelung_unterhalt

Eine Abänderung des Scheidungsurteils in Bezug auf den Kinder-Unterhalt (Herabsetzung oder Erhöhung) wegen wesentlicher Veränderung der Verhältnisse kann durch das Gericht (ZGB 134) oder durch die Vormundschaftsbehörde (ZGB 315b II) erfolgen.